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Das Setzkescherurteil von Rinteln Das Thema Setzkescher ist nach dem Urteil des Amtsgerichts Rinteln vom Mai dieses Jahres wieder in aller Munde, denn selbstverständlich haben sich auch die Angelzeitschriften mehr oder weniger qualifiziert dazu geäußert. Abgesehen davon, dass in Hessen der Verwendung des Setzkeschers nach wie vor das explizite fischereigesetzliche Verbot entgegensteht, muss zu allem, was nun bisher zu diesem Thema gesagt oder geschrieben wurde, deutlich darauf hingewiesen werden, dass auch dieses jüngste Urteil wiederum nur einen Einzelfall betrifft, dem ganz spezielle Umstände zugrunde lagen. Das Urteil des Amtsgerichts Rinteln ermöglicht leider nicht die uneingeschränkte Verwendung des Setzkeschers, wie das oft vereinfacht oder missverständlich dargestellt wurde. Vor allem ist in dem Urteil zu lesen, dass der Freispruch deshalb erfolgte, weil nicht mit letzter Sicherheit nachzuweisen war, dass in diesem Fall der Einsatz des Setzkeschers Tierquälerei im Sinn des Tierschutzgesetzes war. Das Gericht spricht selbst von einem Freispruch nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten". Ein Urteil für den Setzkescher ist das nun wirklich nicht! Wir drucken nachfolgend das Urteil im Wortlaut ab. Auch wenn das Gerichtsdeutsch nicht immer einfach zu lesen ist: machen Sie sich die Mühe und lesen Sie das Urteil. -pe- Urteil Im Namen des Volkes! In der Strafsache gegen XXX wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz Das Amtsgericht in Rinteln hat in der Sitzung vom 17.05.2000 (...) für Recht erkannt: Die Angeklagten werden freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten werden der Landeskasse auferlegt. Gründe: (gem. § 267 Abs. 5 StPO) Die Staatsanwaltschaft Bückeburg hat den Angeklagten jeweils mit Strafbefehl vom 22.12.1998 vorgeworfen, eine Tierquälerei gem. § 17 Nr. 2b Tierschutzgesetz begangen zu haben. Indem der Angeklagte XXX am 23.05.98 in Rinteln gegen 13.30 Uhr an dem linken Ufer der Weser, Kilometer 164,200, mit 2 Handangeln die Fischerei ausgeübt und in einem dreieinhalb bis vier Meter langen und im Durchmesser ca. 50 cm breiten Setzkescher, der sich in der Weser befunden habe, mehrere lebende Fische gehältert habe, während der Angeklagte XXX gleichfalls am 23.05.98 in Rinteln an der Weser, Kilometer 164,200, mit 2 Handangeln die Fischerei ausgeübt und in einem Setzkescher, der in der Weser gelegen habe, 13 bereits gefangene, jedoch nicht abgetötete Rotfedern gehältert habe. Die Staatsanwaltschaft Bückeburg ist aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. Oktober 1990 (301 OWi/905 Js 919/89 und des OLG Düsseldorf vom 20. April 1993 (5 Ss 171/92 -59/92 l) davon ausgegangen, dass die Hälterung von Fischen in Setzkeschern Tierquälerei im Sinne des § 17 Nr. 2b Tierschutzgesetz ist. Die Angeklagten waren aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme war nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass bei der korrekten und waagerechten Anwendung eines dreieinhalb bis vier Meter langen und im Durchmesser ca. 50 cm breiten Setzkeschers aus Nylongewebe, der ordnungsgemäß verspannt ist, den in der Weser potentiell zu angelnden Fischen, insbesondere Rotfedern, länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt werden. Der Sachverständige Prof. Dr. Schreckenbach vom Institut für Binnenfischerei e.V. in Potsdam - Sacrow hat dazu überzeugend ausgeführt, die korrekte Anwendung eines Setzkeschers in der von den Angeklagten verwendeten Art, erzeuge zwar erhebliche Stressreaktionen bei den Fischen, aber keine länger anhaltenden oder sich wiederholenden erheblichen Schmerzen oder Leiden im Sinne des § 17 Nr. 2b oder 18 Abs. 1 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes. Einleitend hat er dazu erläutert, es bestünden unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich des Schmerzempfindens der Fische, nach dem derzeitigen Wissensstand müsse angenommen werden, dass der Schmerzsinn bei Fischen nur schwach ausgeprägt sei, insbesondere könne er nicht mit menschlichen Maßstäben gemessen werden. Die Leidensfähigkeit von Fischen sei unter Fachwissenschaftlern aber unbestritten. In der Forschung bestünde eine Übereinstimmung, dass das Empfinden des Leidens bei Fischen eng mit dem Stresssyndrom verknüpft sei. Dieses Stresssyndrom sei bei Fischen durch verschiedene Parameter messbar. Der weitere Begriff der Schäden umfasse bei Fischen in der Regel eindeutig erkennbare äußerlich sichtbare Verletzungen oder Veränderungen von Haut, Flossen und Kiemen. Letztlich seien aber auch die mikroskopisch nachweisbaren Zell-, Gewebs- und Organschädigungen darunter zu verstehen, wie sie bei unbewältigtem chronischen Stress entstehen könnten. Der Sachverständige hat sich im Rahmen seines schriftlichen Gutachtens zu Material und Methoden zur Untersuchung der Stressreaktionen der Fische auf das Hältern im Setzkescher geäußert und zu den ergänzenden Untersuchungen im Hinblick auf den Einfluss von Wasserströmungen auf die Stressreaktionen von geangelten Rotfedern bei der Lebenderhaltung im Setzkescher. Der Sachverständige hat glaubhaft bekundet, im Rahmen der Untersuchung des Institutes für Binnenfischerei seien keine nachhaltigen Beeinträchtigungen festgestellt worden. Soweit in dem Gutachten des Prof. Klausewitz, das der Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. Oktober 1990 zugrunde gelegen habe, festgestellt sei, die Fische seien in den Versuchsreihen nachweisbar durch die Hälterung in den Setzkeschern beeinträchtigt worden, beruhe dies nach seiner Einschätzung auf einer in den damaligen Verhältnissen falschen Anwendung der Setzkescher. Ausweislich der Beschreibung der Methodik sei der Setzkescher in dem damaligen Verfahren an einem Boot hängend angebracht worden, dies sei jedoch erheblich fehlerhaft. Zum einen müsse das Netz horizontal verspannt werden, da dies die natürliche Schwimmbewegung des Fisches sei, er mithin die Länge von dreieinhalb bis vier Metern nur ausschöpfen könne, wenn das Netz horizontal verspannt sei, des weiteren dürfe das Netz nicht an einem beweglichen Körper, wie z.B. einem Boot befestigt werden, da dann durch die Bewegung des Bootes auch das Netz in Bewegung versetzt würde, wodurch tatsächlich mechanische Beschädigungen bei den Fischen entstünden. Wenn ein Setzkescher, wie in der damaligen Versuchsanordnung beschrieben, lediglich mit dem Bleigewicht ins Wasser gesenkt würde, bliebe dem Fisch aufgrund seiner natürlichen Schwimmbewegung lediglich ein Aktionsradius in der Größe des Durchmessers des Netzes, mithin von ca. 50 cm, dies sei bei einem Fisch von ca. 20 cm zweifellos zu wenig, der Fisch gerate dann in Panik, dadurch stoße er an die Seitenwände des Netzes, so dass die von dem damaligen Sachverständigen festgestellten Beeinträchtigungen auftreten würden. In einer Tiefe von eineinhalb bis zwei Metern sei die Sauerstoffversorgung der Fische auch nicht ausreichend, so dass die festgestellten Beeinträchtigungen der untersuchten Fische auch hierauf beruhen könnten. Soweit andere Untersuchungen in einem Aquarium durchgeführt worden seien, habe es sich bei den untersuchten Fischen um sogenannte Futtertische für den Zoo gehandelt. Dies bedeute, daß die Fische zunächst aus ihrem Ursprungsgewässer in ein anderes Gewässer transportiert worden seien, zum Zwecke der Untersuchung sein sie dann wieder in ein neues Gewässer gesetzt worden, gerade der Wasserwechsel stelle aber eine erhebliche Belastung für einen Fisch dar, so dass die festgestellten Belastungen der Fische auch auf dem Wasserwechsel beruhen könnten. Der Sachverständige Prof. Schreckenbach hat in seinem schriftlichen Gutachten die Methodik seiner Untersuchung und die festgestellten Parameter festgehalten. Das Gericht vermag hier keine Fehler der Untersuchungsmethode festzustellen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Sachverständige hier bewusst falsche Angaben vor dem Gericht gemacht hat. Er hat insoweit eingeräumt, seine Darlegung auf dem derzeitigen Stand seiner Erkenntnisse vorgetragen zu haben. Aus wissenschaftlicher Sicht könne er lediglich seine Methodik genau darlegen und damit die Möglichkeit eröffnen, Denk- oder Untersuchungsfehler zu erkennen. Der Sachverständige hat auch keinen Zweifel daran gelassen, dass es sich bei der Hälterung der Fische im Setzkescher um eine Stresssituation für den Fisch handelt, Stresssituationen seien aber für einen Fisch nicht grundsätzlich artfremd. Die durchgeführten Untersuchungen hätten gezeigt, dass die nach 4 Stunden angezeigten Parameter nach 8 Stunden teilweise bereits wieder abgesunken seien, dies zeige, dass der Fisch angemessen auf die veränderte Situation reagieren könne. Nach ca. 1 bis 2 Tagen zeigten die zurückgesetzten Fische auch wieder Normalverhalten. In Anbetracht der langsameren Stoffwechselprozesse aufgrund der geringeren Körpertemperatur der Fische, handele es sich hier um Zeiträume, die noch nicht als länger andauernd im Sinne des Tierschutzgesetzes angesehen werden könnten. Unter der Berücksichtigung, dass der vom Tierschutzgesetz verlangte vernünftige Grund des Angelns hier in der Absicht des späteren Verzehrs vorlag, ergaben sich mithin erhebliche Zweifel, ob nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft tatsächlich noch die Feststellungen des Amtsgerichts Düsseldorf und des OLG Düsseldorf in den genannten Verfahren sachlich gerechtfertigt sind, die Angeklagten waren daher nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" von dem Vorwurf der Tierquälerei durch das Hältern von Fischen in Setzkeschern freizusprechen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StOP Aktenzeichen: 6 Cs 204 Js 4811/98 (245/98) (veröffentlicht in FISCHEREI IN HESSEN 3/2000)
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